Foto: BMW Group | Gary Parravani
Andreas Roos steht seit 2022 an der Spitze von BMW M Motorsport. Mit Wurzeln in der Fahrzeugtechnik und langjähriger Erfahrung im Profisport führt er heute ein internationales High-Performance-Team, das auf und neben der Rennstrecke Topleistungen bringt. Im Gespräch mit dem SportWirtschaft Journal erklärt Roos, warum moderne Motorsportführung mehr ist als Ingenieurskunst, wie ein leistungsförderndes Umfeld entsteht und welche strategische Rolle der Rennsport für die Zukunft der Marke BMW M spielt.
Herr Roos, wann wurde Ihnen klar, dass Motorsport für Sie nicht nur Technik bedeutet, sondern auch Teamführung? Und welche Erfahrungen haben Sie besonders geprägt?
Mein Einstieg in den Motorsport war stark technisch geprägt. Ich habe Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik studiert. Mit der Zeit habe ich aber immer mehr Verantwortung übernommen. Erst habe ich technische Teams geleitet, später kamen strategische Aufgaben hinzu.
Dabei wurde mir klar, wie wichtig es ist, Strukturen zu schaffen, in denen Menschen ihr Potenzial entfalten können. Besonders geprägt haben mich dabei meine früheren Vorgesetzten. Ich hatte das Glück, mit starken Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten. Von ihnen konnte ich viel lernen und in meine eigene Führung einfließen lassen.
Sie sagen, Ihre wichtigste Aufgabe ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem das Team Höchstleistungen bringen kann. Was bedeutet das konkret? Und woran merken Sie, dass es gelingt?
Motorsport ist für mich einer der intensivsten Teamsportarten überhaupt. Von außen sieht man meist nur den Fahrer, der das Auto ins Ziel bringt. Aber im Hintergrund arbeiten viele Menschen gemeinsam daran, dass das möglich ist.
Mechaniker, Lkw-Fahrer, Ingenieure, Strategen – alle müssen perfekt zusammenarbeiten. Ohne ein starkes Team hat man im Motorsport keine Chance. Meine Aufgabe ist es, die richtigen Leute zusammenzubringen und dafür zu sorgen, dass sich alle mit ihrer Rolle identifizieren.
Wenn ich sehe, dass jeder mit Leidenschaft bei der Sache ist und bereit ist, mehr zu geben, weiß ich, dass das Umfeld stimmt. Genau dieser Einsatz macht am Ende den Unterschied. Die Erfolge der letzten Jahre zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Aber wir müssen uns ständig weiterentwickeln. Im Motorsport zählt jeder Tag.

Wenn Sie auf den Motorsport in Deutschland blicken: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Der Motorsport hatte in Deutschland schon eine größere mediale Präsenz. Es gab Zeiten mit mehreren deutschen Formel-1-Fahrern und Weltmeistern wie Michael Schumacher.
Heute ist das Interesse etwas zurückgegangen. Trotzdem ist der Motorsport hier weiterhin stark aufgestellt. Die DTM unter dem ADAC ist ein gutes Beispiel. Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring ist für Fans ein echtes Highlight.
Ein Formel-1-Rennen in Deutschland wäre natürlich wünschenswert. Auch für uns als Hersteller wäre das eine gute Plattform. Aktuell gibt es in der WEC (FIA World Endurance Championship) noch kein Rennen in Deutschland, obwohl wir dort aktiv sind. Trotzdem sehen wir eine stabile Basis. Viele Partner engagieren sich dafür, den Motorsportstandort Deutschland weiter zu stärken. Auch wir bringen uns aktiv ein.
Wenn Sie fünf Jahre in die Zukunft blicken: Wie wird sich das Geschäftsmodell Motorsport aus Herstellersicht entwickeln?
Im Motorsport unterscheiden wir zwischen Kundensport und Werksengagement. Im Kundensport verkaufen wir Fahrzeuge wie den M4 GT4 oder M4 GT3 an unsere Kunden. Das ist ein klares Geschäftsmodell.
Im professionellen Motorsport ist das Ziel ein anderes. Hier geht es vor allem um Markenwirkung. Motorsport ist für BMW M ein wichtiges Marketinginstrument. Unsere Modelle zeigen auf der Rennstrecke, was sie können. Das wirkt zurück auf unsere Straßenfahrzeuge und stärkt unser Image.
Diese Verbindung ist zentral für unsere Marke. Die Entwicklung auf der Strecke und auf der Straße befruchtet sich gegenseitig. Deshalb wird der Motorsport auch in Zukunft ein fester Bestandteil unserer Strategie bleiben.
Vielen Dank für das Gespräch.