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Michael Becker ist Geschäftsführer des Karlsruher SC und prägt die Entwicklung des Traditionsvereins mit unternehmerischer Weitsicht. Im Interview spricht er über den Balanceakt zwischen Tradition und Innovation, über digitale Fanerlebnisse, Nachhaltigkeit und die Rolle einer modernen Doppelspitze im Fußball. Seine Erfahrungen als Unternehmer, Digitalisierungs- und Fußball-Experte machen ihn zu einer der prägenden Figuren im deutschen Sportmanagement.
Herr Becker, Sie sind Unternehmer, Digitalisierungsexperte und Fußballmanager – wie prägt diese Kombination Ihre Rolle als Geschäftsführer eines Traditionsvereins wie dem KSC?
Es ist sicherlich von Vorteil, dass ich auch die klassische Unternehmenswelt kenne. Ein Fußballclub zu führen ist dennoch etwas vollkommen anderes. Das Umfeld ist sehr dynamisch und emotional geprägt. Jede Entscheidung wird von den Fans und Medien analysiert und kommentiert. Die Arbeit ist tagtäglich herausfordernd, weil im Fußball immer Emotionen eine große Rolle spielen. Da heißt es oft einen kühlen Kopf zu bewahren und in Ruhe zu analysieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Gemeinsam haben wir beim KSC in den letzten Jahren viel erreicht und wollen uns Schritt für Schritt weiterentwickeln.
Der KSC steht für Bodenständigkeit, aber auch für einen klaren Entwicklungskurs. Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Tradition und Transformation – gerade im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb?
Ohne stetige Weiterentwicklung wird kein Unternehmen auf Dauer Erfolg haben. Stillstand ist immer auch Rückschritt, Veränderungen werden aber nicht immer positiv bewertet, insbesondere bei Traditionsvereinen, wo Veränderungen oft hinterfragt werden. Der Schlüssel zum Erfolg ist für mich die frühzeitige Einbindung von relevanten Stakeholdern in die entsprechenden Entscheidungsprozesse sowie eine transparente Kommunikation. Hiermit haben wir schon sehr gute Erfahrung gesammelt. Beispielsweise bei der Ausgliederung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes in eine Kapitalgesellschaft im Jahre 2019. In einem Ausgliederungsausschuss, bei dem unter anderem auch Vertreter der organisierten Fanszene mit dabei waren, konnte jeder seine relevanten Punkte direkt platzieren. Dies hatte am Ende einen großen Anteil an der großen Zustimmung der Mitglieder für die das schwierige Thema Ausgliederung.

Gemeinsam mit Mario Eggimann führen Sie nun den Club. Welche Rollenverteilung haben Sie intern definiert – und wie sieht eine gute Doppelspitze im Fußball aus?
Unser neuer Geschäftsführer Sport, Mario Eggimann führt die sportlichen Bereiche „Profis“, „Entwicklung, Scouting & Analyse“ sowie den Nachwuchsbereich mit der „aKAdemie“. Ich bin weiterhin für gesamtstrategische Entwicklung des Unternehmens sowie für die Bereiche „Finanzen & Personal“, „Infrastruktur & Organisation“, „B2C & CSR“, 2B2B & Events“ und „Kommunikation & Medien“ verantwortlich. Eine gute Doppelspitze zeichnet sich durch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und ein gegenseitiges Verständnis für die Herausforderungen des jeweiligen Kollegen aus. Wir beim KSC wollen alle gemeinsam Erfolg haben und da ist eine gut zusammenarbeitende Doppelspitze unabdingbar.
Wenn Sie auf die kommenden fünf Jahre blicken: In welchen Bereichen will der KSC nicht nur mithalten, sondern im Sportbusiness bewusst vorangehen?
Wir sind in vielen Bereichen bereits sehr gut aufgestellt, aber es gibt natürlich noch Themen mit Weiterentwicklungspotential. So möchten wir insbesondere das digitale Fanerlebnis weiter verbessern und die jeweiligen Prozesse kundenfreundlicher und effizienter gestalten. Hier bietet beispielsweise die künstliche Intelligenz interessante Ansatzpunkte. Darüber hinaus möchten wir uns noch stärker dem Thema Nachhaltigkeit widmen.
Zum Abschluss: Welche unternehmerische Entscheidung beim KSC war im Rückblick besonders mutig – aber genau richtig?
Spontan fällt mir hier unser neues Hospitality-Konzept, welches wir 2023 mit Eröffnung des BBBank Wildpark an den Start gebracht haben, ein. Dies unterscheidet sich mit fünf unterschiedlichen Welten und einem sehr hohen Qualitätsanspruch deutlich von vielen anderen Stadien. Der Stadionbesuch in Karlsruhe hat sich insgesamt sehr zum Positiven verändert. Das betrifft sowohl den Fanbereich als auch den Hospitality-Bereich. Das Erlebnis BBBank Wildpark mit unserer emotionalen und gelebten Fankultur und außergewöhnlichem Genusserlebnis ist sicherlich einzigartig. Das Ganze war jedoch verbunden mit großen finanziellen Investitionen. Wir waren jedoch überzeugt, dass die Region Karlsruhe bereit für so ein neues Konzept ist. Das der Mut belohnt wurde und wir mittlerweile bei über 90 % Auslastung in den Hospitality-Welten liegen, freut uns sehr.
Vielen Dank für das Gespräch.