Mark Schober über Sichtbarkeit, Verantwortung und das Jahrzehnt des Handballs

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Foto: IMAGO/Beautiful Sports

Mark Schober prägt den Deutschen Handballbund seit 2014 und führt den Verband aktuell als Vorstandsvorsitzender. Nun wurde sein Vertrag vom Präsidium einstimmig bis Ende 2030 verlängert. Im Interview spricht der erfahrene Diplom-Sportökonom, der den Handball vom Spielfeld bis in die Strategieebene kennt, über seinen langfristigen Plan für den DHB. Er erklärt, wie Sichtbarkeit im Free-TV, nachhaltige Großveranstaltungen und gesellschaftliche Verantwortung zusammenwirken sollen und warum Handball heute mehr leisten muss als sportlichen Erfolg. Das „Jahrzehnt des Handballs“ ist für ihn nicht nur eine Kampagne, sondern ein tiefgreifender Entwicklungsprozess.


Herr Schober, Sie haben schon als Jugendlicher als Schiedsrichter und Trainer begonnen. Wie sehr beeinflusst Sie dieser frühe Blick auf den Sport heute in Ihrer Rolle als Vorstandsvorsitzender?

Handball ist immer ein großer Teil meines Lebens gewesen. Ich habe mich früh in verschiedenen Rollen eingebracht, weil ich zusammen mit anderen gestalten wollte. Den Handball sowie die Arbeit in Vereinen und Verbänden habe ich von Grund auf kennengelernt. Die ökonomischen und juristischen Fragen haben mich dann zunehmend begeistert. Das Wissen ist weiter wertvoll und hilft mir extrem, dass große Zukunftsprojekte wie beispielsweise die weitere Digitalisierung des Handballs auch die Bedürfnisse der Vereinsbasis treffen. Und das ist mir genauso wichtig wie unsere Nationalmannschaften oder die Organisation von Welt- und Europameisterschaften. Auch für die Organisation von Veranstaltungen konnte ich aus dieser frühen Zeit schon viel mitnehmen.

Ihre Vertragsverlängerung als Vorstandsvorsitzender des DHB bis Ende 2030 wurde einstimmig beschlossen. Was bedeutet dieses klare Votum für Ihre Arbeit und wie schaffen Sie es, eine so breite Unterstützung über Jahre hinweg aufrechtzuerhalten?

Ich bin dankbar für das Vertrauen und die Chance, meine Arbeit fortsetzen zu können. Im von uns so genannten Jahrzehnt des Handballs ermöglicht uns das auch Kontinuität und Stabilität. Beides ist unverzichtbar für weiteres Wachstum. Und zum Vertrauen: Das ist im Verständnis meiner Rolle zentral. Ich vertraue den Menschen um mich egal, ob sie ehren- oder hauptamtlich tätig sind, und schätze sie wert. Ich weiß um die Klasse unserer Mitarbeitenden und helfe ihnen als Kapitän. Ein gewisses Gespür dafür, falls doch mal Dinge aus dem Ruder laufen könnten, Empathie und ständige Kommunikation in alle Richtungen sind weitere Schlüssel. Seit meinem Start 2014 ist der Deutsche Handballbund enorm gewachsen – miteinander zu reden wird immer wichtiger. Das gilt sowohl innerhalb der Organisation als auch außerhalb mit den immer mehr werdenden Stakeholdern und den mit dem Erfolg wachsenden Erwartungen.

Sie sprechen von einem Handball Ökosystem, das sportliche Erfolge und Strukturen abseits des Spielfelds miteinander verzahnt. Was steckt konkret hinter diesem Ansatz und wie verändern Sie damit den Verband?

Sportlicher Erfolg ist unsere Energiequelle. Daraus schöpfen wir Kraft für weiteres organisatorisches Wachstum. Das Jahrzehnt des Handballs habe ich bereits erwähnt. Der Deutsche Handballbund ist Gastgeber von Welt- und Europameisterschaften der Männer, Frauen und Jugend. Zuallererst wollen wir bei diesen Turnieren sportlich erfolgreich sein. Damit halten wir Handball im Gespräch und erhöhen die gesellschaftliche Relevanz in Sportdeutschland. Wir nutzen diese Heim-Events auch, um proaktiv beispielsweise unsere Mitglieder, also unsere Landesverbände, weiter zu qualifizieren und neue Kinder und Jugendliche zu gewinnen. Dass wir 2024 während der Männer-Europameisterschaft in Deutschland 1.000 neue Trainerinnen und Trainer für Kinderhandball ausgebildet haben, ist eines meiner liebsten Beispiele. Wir investieren in gute Mitarbeitende oder Digitalisierung. Zusammengefasst geht es um die weitere Professionalisierung auf allen Ebenen.

Mit der EURO 2024 haben Sie gerade ein Großprojekt abgeschlossen, weitere folgen in Serie. Wie stellen Sie sicher, dass diese Turniere auch wirtschaftlich und strukturell ein nachhaltiges Erbe hinterlassen?

Diese Ereignisse sind für uns mehr als Turniere. Nehmen Sie die Weltmeisterschaft der Frauen, die wir ab dem 26. November gemeinsam mit den Niederlanden ausrichten. Diese WM steht unter dem Motto „Hands up for more“. Was wir als Kampagne gestartet haben, ist längst zur Bewegung geworden. Die WM allein hätte uns nicht gereicht. Wir wollen nachhaltig etwas bewegen für den gesamten Frauenhandball und Frauen in unserem Sport. Dabei geht es uns um Aufmerksamkeit, Respekt, Sicherheit, Substanz und Engagement. Das unterfüttern wir zum Beispiel mit der in diesem Jahr kostenlosen Ausbildung neuer Schiedsrichterinnen oder der Integration eines Safe-Sports-Reglements in Satzung und Ordnungen des Deutschen Handballbundes. Ich bin mir sicher, dass die WM mit „Hands up for more“ einen sehr nachhaltigen Effekt hat.

Abschließend: Die kommenden Handball-Weltmeisterschaften werden im Free-TV auf ProSieben und Sat.1 zu sehen sein. Wie sehr verändert dieser Schritt die Sichtbarkeit und wirtschaftliche Perspektive des Handballs in Deutschland?

Auch hier ist Kontinuität ein Kernbegriff. Von 2026 bis 2031 werden alle Europa- und Weltmeisterschaften sowohl unserer Männer als auch erstmals unserer Frauen im Free-TV sichtbar sein: die Weltmeisterschaften bei ProSiebenSat.1 und die Europameisterschaften bei ARD und ZDF. Natürlich ist das für uns und unsere Partner ein wesentlicher Faktor. Die neue mediale Bandbreite eröffnet uns auch Zugänge zu neuen und jüngeren Zielgruppen. Das ist im Jahrzehnt des Handballs und darüber hinaus überlebensnotwendig, um nachhaltig zu wachsen.

Vielen Dank für das Gespräch.



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