Bildrecht: Bernd Ducke
Jürgen Muth gibt als Geschäftsführer exklusive Einblicke hinter die Kulissen der Allianz Arena in München. Er berichtet, wie digitale Innovationen, nachhaltige Konzepte und operative Präzision den Stadionbesuch für Fans neu definieren. Vom bargeldlosen Bezahlen bis zur dynamischen Beleuchtung. Jürgen Muth zeigt, wie Detailverliebtheit und strategische Entscheidungen die Arena zu einem Vorreiter in Europa machen.
Herr Muth, welche Erfahrungen oder Begegnungen in Ihrer frühen Karriere haben Sie am meisten geprägt und letztlich dazu geführt, dass Sie die Verantwortung für die Allianz Arena übernommen haben?
In meiner frühen Laufbahn gab es einige Schlüsselmomente, die mich maßgeblich geprägt haben. Eine der wichtigsten Erfahrungen war meine Zeit bei dem Bau der neuen Münchner Messe in Riem. Dort lernte ich Bernd Rauch kennen, der mir als der damalige Verantwortliche für die Projektsteuerung viel Positives für meinen gesamten beruflichen Werdegang mitgegeben hat und später mitentscheidend für meinen Wechsel zum FC Bayern gewesen ist. Die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Beteiligten und Organisationen hat mir gezeigt, dass Klarheit, Offenheit und Flexibilität entscheidend für den Erfolg sind.
Wesentlich für einen Projekterfolg ist die Kombination aus strategischem Weitblick und operativer Präzision. Im Vertrauen auf meine hier erworbenen Fähigkeiten habe ich gerne die Verantwortung für ein so herausforderndes Projekt wie die Allianz Arena übernommen.
Die Allianz Arena gilt als eines der modernsten Stadien Europas. Welche Entscheidungen, die Sie persönlich getroffen haben, haben die Arena nachhaltig geprägt und welche davon waren besonders riskant oder kontrovers?
Eine der wichtigsten Entscheidungen war die frühe Ausrichtung der Arena auf Nachhaltigkeit. Angefangen bei Energieversorgung bis hin zu den Abfallkonzepten. Das bedeutete Investitionen, deren Nutzen erst Jahre später sichtbar wurde. Eine weitere Entscheidung, die sich als sehr erfolgreich erwiesen hat, war die Einführung einer umfassenden digitalen Infrastruktur. Dadurch konnten wir innovative Services wie das bargeldlose Bezahlen und personalisierte Fan-Erlebnisse ermöglichen. Diese Investition war zu Beginn sehr kostspielig und ging weit über das damals Übliche hinaus, hat sich aber als zukunftsweisend erwiesen.
Viele Fans erleben nur die Spiele auf den Tribünen. Welche kleinen, oft unsichtbaren Maßnahmen machen den Besuch in der Allianz Arena für die Zuschauer besonders? Und welche Idee von Ihnen hat sich überraschend stark ausgewirkt?
Vieles spielt sich im Detail ab: reibungslose Abläufe beim Einlass, kurze Wege bei der Versorgung, moderne Sicherheitskonzepte oder die Gestaltung der Akustik in den Tribünenbereichen. Eine Maßnahme, die viele unterschätzen, war die Einführung eines dynamischen Beleuchtungssystems im Umlauf des oberen Ranges und im Dachbereich. Das hat nicht nur die Aufenthaltsqualität verbessert, sondern auch eine besondere Atmosphäre geschaffen, die von vielen Fans als „unsichtbare Magie“ wahrgenommen wird.
Sie haben neben Bundesliga-Spielen auch internationale Events wie NFL-Spiele oder Konzerte koordiniert. Welche Erfolgsmodelle aus diesen Projekten würden Sie anderen Stadionmanagern empfehlen? Und wo lagen für Sie persönlich die größten Herausforderungen?
Was sich als Erfolgsmodell herausgestellt hat, ist die enge Verzahnung mit den Veranstaltern. Also das Denken als Partner, nicht als Vermieter. So konnten wir Lösungen entwickeln, die auf die jeweilige Sportart oder Show maßgeschneidert waren. Die größte Herausforderung war dabei oft die Logistik: Die Allianz Arena ist ein Fußballstadion, und es braucht enorme Flexibilität, um es für Football oder große Bühnenshows umzubauen. Entscheidend war dabei immer, die Balance zwischen höchster Professionalität im Eventbetrieb und der Schonung der Infrastruktur zu wahren.
Die Umbenennung der Adresse der Allianz Arena zu ‚Franz-Beckenbauer-Platz 5‘ Anfang des Jahres 2025 ist eine außergewöhnliche Ehrung. Was bedeutet dieser Schritt für Sie persönlich?
Für mich war das ein ganz besonderer Moment, denn Franz Beckenbauer war nicht nur eine der größten Persönlichkeiten des Fußballs, sondern auch ein Mensch, der die Allianz Arena von Beginn an sehr geprägt hat. Ohne Franz Beckenbauer und der Fußballweltmeisterschaft 2006 hätte es die Allianz Arena nie gegeben. Dass sein Name nun untrennbar mit der Adresse dieses Stadions verbunden ist, empfinde ich als würdiges und emotionales Zeichen. Persönlich erfüllt es mich mit Stolz und Demut, diesen Prozess begleiten zu dürfen. Und es ist auch eine Verpflichtung, die Arena weiterhin in seinem Sinne zu entwickeln: mit Leidenschaft, Weltoffenheit und dem Anspruch, immer ein Stück besser zu werden.
Vielen Dank für das Gespräch.