Anne-Kathrin Laufmann: Wie Werder Bremen Nachhaltigkeit, Vereinsentwicklung und Fankultur verbindet

anne kathrin laufmann

Foto: Carsten Heidmann Fotografie

Nachhaltigkeit ist bei Werder Bremen mehr als ein Trend – es ist ein zentraler Bestandteil der Vereinsstrategie. Anne-Kathrin Laufmann, Geschäftsführerin Sport & Nachhaltigkeit, spricht über die Verbindung von Vereinsentwicklung, Fankultur und sozialen Initiativen. Sie erklärt, warum Fans eine entscheidende Rolle spielen, welche Projekte bereits umgesetzt wurden und welche Herausforderungen die Zukunft bringt.


Anne, du bist heute Geschäftsführerin für Sport & Nachhaltigkeit bei Werder Bremen, aber wie hat deine Karriere eigentlich begonnen? Was hat dich dazu motiviert, in den Sport- und Nachhaltigkeitsbereich einzutauchen?

Ich bin 2006 als Werksstudentin beim SV Werder Bremen eingestiegen. Bei Werder konnte ich die Leidenschaft für den Sport mit meinem Studium der Sport- und Kulturwissenschaften kombinieren. Es war die perfekte Chance, im Bereich „Soziales“ beginnen zu können. Ich hatte schon immer ein großes eigenes Interesse an Sport, an Gesundheit und den Themen, die man heute unter Nachhaltigkeit zusammenfasst. Heute wie damals motiviert mich am meisten, mit der Strahlkraft und Reichweite des SV Werder Bremen gesellschaftlich wirklich etwas bewegen zu können.

Du verantwortest neben Nachhaltigkeit auch die Bereiche Vereinsentwicklung sowie Antidiskriminierung und Fankultur. Wie verbindest du diese unterschiedlichen Bereiche miteinander?

Wir betrachten Nachhaltigkeit, Vereinsentwicklung und Fankultur und Antidiskriminierung nicht als voneinander getrennte Themen, sondern versuchen sie miteinander zu verknüpfen. Ganz praktisch wird dieser Ansatz beispielsweise in unserer Arbeit mit den Fanclubs deutlich. Bereits seit Jahren motivieren wir Fanclubs, selbst soziale Verantwortung zu übernehmen und Projekte zu starten. Entsprechendes Engagement honorieren wird mit der Auszeichnung zum Fanclub des Jahres.
Mitglieder der aktiven Fanszene haben zudem großen Anteil an der Etablierung unseres Awareness-Konzeptes „Kennst Du Mika“, das in unserem Stadion Menschen eine Anlaufstelle bieten soll, die Opfer von gewaltvollen, diskriminierenden, beleidigenden oder sexualisierten Übergriffen geworden sind.

Auf theoretischer Ebene könnte man sagen, dass wir als Verein uns nur nachhaltig und zukunftsfähig weiterentwickeln können, wenn wir unsere Identität, unsere Werte und unsere Rolle in der Gesellschaft wahren – und dazu gehören unsere Fans als zentrales Element. Das geht nur gemeinsam. Unsere Entscheidungen berücksichtigen immer die Perspektiven der Fans, zum Beispiel wenn es darum geht, das Stadionerlebnis nachhaltiger machen. Zu konkreten Themen wie Mobilität oder Verhalten am Spieltag gab es Fanbefragungen, auch in der Wesentlichkeitsanalyse wurden die Fans als Stakeholder bedacht.

Inwiefern hat Werder Bremen bei der Einbindung von Fans in Nachhaltigkeitsinitiativen schon konkrete Schritte unternommen, und wie wird dieses Thema von den Anhängern aufgenommen?

Wir haben in den vergangenen 20 Jahren einige Initiativen gestartet, die Fans betreffen und sie aktiv einbinden. Ohne die Mithilfe unserer Fans geht es nicht. Beispielhaft sind hier unser Mehrwegbechersystem im Weserstadion, die regelmäßige, gemeinsame Teilnahme an „Bremen räumt auf“ oder die Förderung nachhaltiger Anreiseoptionen, wie das kostenfreie ÖPNV-Ticket an Heimspieltagen zu nennen. Auch unser Mitfahrportal „Fanride“ erzielt nur eine Wirkung, wenn möglichst viele Fans mitmachen. Als aktuellen Erfolg haben wir in Kooperation mit der Deutschen Bahn bei Auswärtsspielen ein Konzept für zusätzliche Fanzüge entwickelt, an dem unsere Fans an der aktiven Ausgestaltung eingebunden sind. Bei vier Auswärtsspielen haben wir so pro Spiel bis zu 800 Werderfans über die Bahn zu den Standorten bringen können. Zusätzlich organisiert unsere Fanszene regelmäßig Sonderzüge, bei denen wir sie mit Tickets unterstützen.

Viele Werderfans sind für ökologische und soziale Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert, das spüren wir immer wieder. Durch ihre emotionale Verbindung zum Verein könnten wir gemeinsam noch größere Wirkung erzielen. Ich glaube aber auch, dass wir unsere Fans und Mitglieder noch partizipativer in die Prozesse und Projekte einbinden könnten.

werder bremen geschäftsführung
Geschäftsführung Werder Bremen | Foto: heidmannfotografie.de

Was sind aus deiner Sicht die größten Chancen, die sich durch Nachhaltigkeit und Vereinsentwicklung ergeben – sowohl sportlich als auch im Hinblick auf die Marke Werder Bremen?

Diese Frage lässt sich mit Blick auf die verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit sehr unterschiedlich betrachten. Zum einen wollen wir als Sportverein in der Stadt und der Region nachhaltig verankert bleiben, dazu zählt eine breite Basis an Mitgliedern, die in unseren Abteilungen beispielsweise aktiv Handball oder Tischtennis spielen, zum Leichtathletiktraining gehen oder die Rehasport-Kurse besuchen.

Mit unserem SPIELRAUM Konzept setzen wir uns in Bremen und Niedersachsen an KiTas, Schulen und im Freizeitbereich dafür ein, möglichst vielen Kindern und Jugendlichen eine Sportbiografie zu ermöglichen. Wir unterstützen Partnervereine dabei, ihre Trainerinnen und Trainer weiterzubilden und Sportangebote durchführen zu können. Kurz: Wir setzen uns für eine lebendige und starke Sportlandschaft ein. Das stärkt nach dem klassischen Prinzip „Ohne Breite keine Spitze“ auch unser Kerngeschäft Fußball. Gleichzeitig verankern wir damit abseits des reichweitenstarken Profifußballs unsere Marke Werder Bremen positiv bei den Menschen in der Region.

Zum anderen positionieren wir als Werder Bremen uns als Vorreiter im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit und bei der gesellschaftlichen Verantwortung – das ist ein Faktor, der für Spieler, Partner und Fans immer wichtiger wird. Als Traditionsverein mit klarer Haltung und Verantwortung wollen wir national eine führende Rolle einnehmen.

Wenn du auf die nächsten fünf Jahre blickst: Wie siehst du die Entwicklung des Vereins in Bezug auf die Kombination von Sport, Nachhaltigkeit und einer starken Fankultur?

Ich sehe es als Aufgabe meines Geschäftsbereichs, diese drei Themenfelder noch stärker zu verbinden, um weiter als Vorbild im deutschen Fußball agieren zu können. Ökologische und soziale Nachhaltigkeit sind bei Werder Bremen keine „Extra-Themen“ mehr. Wir haben es geschafft, dass die Nachhaltigkeitsperspektive bei immer mehr Entscheidungen im Verein eine Rolle spielt. Zugleich haben wir unsere Haltung für eine bunte, vielfältige und werteorientierte Gemeinschaft in den vergangenen Jahren sehr deutlich gemacht – auch dank des intensiven Einsatzes unserer Fans, das möchte ich an dieser Stelle hervorheben.

In den kommenden fünf Jahren wird die Fanmobilität ein wichtiges und herausforderndes Thema werden. Es ist toll, dass wir bei Heim- und Auswärtsspielen unser Weserstadion und die Gästeblöcke der Liga lautstark füllen. Aber wir müssen dabei einen Schwerpunkt darauf legen, gemeinsam über die ökologischen Herausforderungen des Profi-Fußballs und die Rolle der Fans dabei zu diskutieren. Mit Blick auf unseren CO2-Fußabdruck müssen wir insbesondere im Bereich der Fanmobilität Lösungen entwickeln.

Zudem werde ich mich auch weiterhin für die Förderung von Frauen im Sport einsetzen. Dazu gehört die Sozialisation von Mädchen in den Sport und die Förderung von Frauen im Sportbusiness. Durch die Gewinnung von weiblichen Vorbildern steigt natürlich auch das Identifikationspotential Werder Bremens für Mädchen und Frauen.

Vielen Dank für das Gespräch.



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