Christoph Winterling, Commercial and Marketing Director beim FC Bologna, teilt seine Erfahrungen aus der Welt des globalen Sportmarketings bei Adidas und erklärt, wie der FC Bologna traditionelle Werte mit innovativen Strategien verbindet. Er spricht über die Herausforderungen der Internationalisierung, die Bedeutung von Daten im Sponsoring und wie der Verein lokal verwurzelt bleibt, während er global wächst.
Christoph, du hast bei Adidas in Italien internationale Sportmarketing-Strategien entwickelt und bist jetzt beim FC Bologna für das kommerzielle Wachstum verantwortlich. Wie unterscheidet sich das Arbeiten für eine globale Marke im Vergleich zu einem Fußballverein mit starker regionaler Verwurzelung?
Der größte Unterschied ist die Planbarkeit. Bei Adidas plant man mittel- bis langfristig, oft Jahre im Voraus, besonders bei Trikots und Kollektionen. Die Produktionszeiten sind lang, und Entscheidungen werden früh getroffen, um den Vertrieb zu unterstützen. Beim FC Bologna ist man stark vom sportlichen Erfolg abhängig, der von Woche zu Woche schwanken kann. Das macht langfristige Planung schwierig, auch wenn wir das gerne möchten. Adidas ist global ausgerichtet, beobachtet den Weltmarkt und globale Trends. Der FC Bologna hingegen, obwohl wir in der Serie A und zuletzt in der Champions League gespielt haben, ist stark regional verwurzelt. Unser Fokus liegt auf der Stadt Bologna und der Region Emilia-Romagna. Natürlich schauen wir auch auf internationale Märkte, besonders wenn es um Spieler oder die Entwicklung der Serie A geht, aber die Region bleibt unser Kern.
Die Premier League dominiert finanziell, die Bundesliga setzt auf Nachhaltigkeit, La Liga auf Innovationen – wo siehst du die Serie A in diesem Spannungsfeld? Und wie muss sich der FC Bologna positionieren, um konkurrenzfähig zu bleiben?
Die Premier League und die Champions League sind die beiden Produkte, die Broadcaster unbedingt haben wollen. Die Serie A hat in den letzten Jahren stark aufgeholt, besonders in der Fernsehproduktion. Wir haben eigene Studios, VAR-Studios und virtuelle Bandenwerbung, die zentral gesteuert wird. Die Serie A nutzt die italienische Kultur, das Essen, die Städte und die Emotionen, um sich international zu positionieren. Die Liga ist ausgeglichen, mit sechs bis sieben Top-Teams, die alle Meister werden können.
Beim FC Bologna setzen wir auf Seriosität, Innovation und Glaubwürdigkeit.
Wir waren der erste Club mit virtueller Werbung im Stadion und haben mit Tokens gearbeitet. Wir haben einen Kids Club und einen Senior Club, um alle Zielgruppen einzubinden. Unser Motto ist “We are one“, und wir versuchen, für alle Fans da zu sein – von Familien bis zu älteren Generationen.
Klassisches Sponsoring vs. digitale Aktivierungen – wie verändert sich die Art, wie Fußballclubs ihre Partner einbinden? Gibt es beim FC Bologna ein Best-Practice-Beispiel?
Sponsoring hat sich stark verändert. Früher ging es nur um Sichtbarkeit im Stadion, heute müssen wir den Unternehmen mehr bieten.
Eine zentrale Entwicklung ist die Bereitstellung von Daten, die Unternehmen nutzen können, um Zielgruppen anzusprechen und ihre Produkte besser zu verkaufen.
Wir investieren in Datenmanagement und CRM-Systeme, um diese Daten effektiv zu nutzen. Ein Beispiel ist unsere Partnerschaft mit Lamborghini. Wir haben ihnen Daten zur Verfügung gestellt, die ihnen geholfen haben, Autos an unsere VIP Kunden zu verkaufen. Digitale Kanäle und innovative Werbemöglichkeiten spielen dabei eine immer größere Rolle.
Ein Club wie der FC Bologna hat eine enge Verbindung zur Stadt und Region. Gleichzeitig wird Internationalisierung immer wichtiger. Wie schafft ihr es, weltweit neue Fans und Partner zu gewinnen, ohne die lokale Identität zu verlieren?
Unser Fokus liegt auf der Region. Wir schenken jedem neugeborenen Kind in Bologna ein Trikot, um sie früh an den Verein zu binden. Gleichzeitig nutzen wir internationale Spieler und Partner wie Lamborghini oder Ducati, um global zu wachsen. Unsere Kommunikationskanäle sind mittlerweile auch auf Englisch, und wir prüfen, ob wir sie auf Spanisch erweitern. Wir versuchen, unser Markenbild international so zu transportieren, wie wir es in Italien machen – glaubwürdig und authentisch.
Wenn du auf die letzten 15 Jahre zurückblickst – was war die größte Fehlentwicklung im Sportsponsoring? Und was glaubst du, wird in fünf Jahren der wichtigste Erfolgsfaktor für Clubs und Marken sein?
Es gab keine großen Fehlentwicklungen, aber man hätte früher in digitale Entwicklung investieren können. Fanengagement ist ein Thema, das in Amerika besser umgesetzt wird. In Italien fehlt oft die Infrastruktur. In Zukunft wird es entscheidend sein, Unternehmen Daten zur Verfügung zu stellen, die sie in Umsätze umwandeln können. Die Formel 1 ist ein gutes Vorbild, wie man Sponsoren eng einbindet und das Produkt für Zuschauer attraktiver macht. Wir müssen lernen, wie man digitale Möglichkeiten besser nutzt und die Verbindung zwischen Sponsoren und Fans stärkt.
Vielen Dank für das Gespräch.