Foto: Björn Knetter
Mit drei Olympiasiegen, zwölf Weltrekorden und insgesamt 21 Titeln zählt Michael Groß zu den größten deutschen Athleten. Der „Albatros“, wie er aufgrund seiner außergewöhnlichen Armspannweite genannt wurde, prägte nicht nur den Schwimmsport, sondern steht auch für eine gelungene duale Karriere. Nach seinem sportlichen Erfolg etablierte er sich als Unternehmensberater, Hochschulprofessor und Autor. Im SportWirtschaft Journal spricht Groß über die Bedeutung der „Goldenen Sportpyramide“, die Werte des Spitzensports und die Herausforderungen in der Nachwuchsförderung.
Michael, die „Goldene Sportpyramide“ ist eine bedeutende Auszeichnung. Wie fühlt es sich an, für dein Lebenswerk geehrt zu werden, und welche Bedeutung hat dieser Preis für dich persönlich?
Die Ehrung bedeutet mir sehr viel. Denn mit dem Preis wird nicht nur die sportliche Leistung und Haltung anerkannt. Zugleich mein Streben, auch in Ausbildung und Beruf stets hohe Ziele zu verfolgen – und etwas erreicht zu haben. Und meine erste große Auszeichnung erfolgte ebenso von der Sporthilfe, im Jahr 1981 zum „Juniorsportler des Jahres“. So schließt sich zudem ein Kreis.
Du hast in deiner Karriere 21 Titel bei Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen gewonnen. Welcher dieser Erfolge hat für dich am meisten Bedeutung und warum?
Jeder Erfolg ist wichtig zu der jeweiligen Zeit, begonnen mit der ersten Bezirksmeisterschaft mit 10 Jahren. Olympiasieger mit Weltrekord ist dann das i-Tüpfelchen, was mir bei 3x Gold auch zweimal gelungen ist.
Neben deinen sportlichen Erfolgen hast du auch eine beeindruckende akademische und berufliche Laufbahn hingelegt. Wie hast du es geschafft, Spitzensport und eine duale Karriere zu kombinieren? Was würdest du jungen Sportlern hierzu raten?
Immer auf zwei Beinen stehen, vor allem emotional. Sich nicht vom Sport und den Erfolgen dort abhängig machen. Die Karriere kann jeden Tag vorbei sein, zum Beispiel durch eine Verletzung. Das „normale“ Leben kann, wie ich weiß, auch viele Höhepunkte bieten und das unser ganzes Leben lang, garantiert.
Du bist bekannt dafür, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Inwieweit glaubst du, dass die Werte des Spitzensports – wie Disziplin, Durchhaltevermögen und Teamarbeit – für die Gesellschaft von heute von Bedeutung sind?
Diese Werte sind in Zeiten der flüchtigen Erfolge und Anerkennung, wie in Sozialen Medien, noch wichtiger. Zugleich ist immer weniger sicher, für eine wirkliche Leistung auch die angemessene Anerkennung zu erhalten. Also kommen noch Flexibilität und Resilienz als wichtige Fähigkeiten dazu. Denn selten läuft alles wie geplant.
Was ist aus deiner Sicht die größte Herausforderung, wenn es um die Förderung von Nachwuchssportlern geht? Was könnte aus deiner Sicht verbessert werden, um junge Talente besser zu unterstützen?
Die Faszination des Sports ist einmalig. Das ganz Analoge kann sehr viel bieten in diesen digitalen Zeiten, wo alles schnell verfügbar ist. Nicht so im Sport. Und diese Faszination ist in jungen Jahren zu schaffen, hat wenig mit dem Erfolg und Gewinnen zu tun, mehr mit dem erfüllenden Erlebnis, über sich hinauswachsen zu können.
Du hast dich oft für eine stärkere Wertschätzung und Unterstützung von Athleten in Deutschland ausgesprochen. Was ist für dich der nächste Schritt, um die Anerkennung und Unterstützung für Sportler langfristig zu sichern?
Oh, das gibt es viele mögliche Aspekte. Am Anfang steht: Eine eigenständige Leistung sollte den verdienten Respekt bekommen, für Gewinner und Verlierer. Beides gemeinsam zu lernen, ist für das gesamte Leben wichtig. Derzeit wird häufig zu schnell sofort in Schwarz-Weiß-Mustern gedacht und vor allem geschrieben. Niemand ist automatisch ein besserer oder schlechterer Mensch durch einen Sieg oder eine Niederlage im Sport.
Vielen Dank für das Gespräch.